Dienstag., der 3.1. begann in der Privatunterkunft in Spissky Nove. Von den Gastgebern war um 8:00 Uhr noch nichts zu sehen und zu hören. Ohne Kaffe wollte ich diesmal nicht losziehen, also setzte ich mich hin und bloggte.
Nach einiger Zeit bemerkte ich hinter der verglasten Zimmertür eine Bewegung: Meine Gastgeberin versuchte, durch das Riffelglas etwas zu erkennen. Sie war dabei für mich wohl besser sichtbar als ich für sie. Denn irgendwann bückte sie sie sich, um durchs Schlüsselloch zu schauen… Als sie damit fertig war und ging und man die Flurtüre sich öffnen und schließen hörte, rief ich und öffnete meine Zimmertür. So kam ich doch noch zu meinem Frühstückskaffe. Brot und Wurst hatte ich noch von “meinem” Kaplan.
Start dann gegen 10:00 in strahlendem Sonnenschein. Noch am Ortsrand begegnete ich einem Romapärchen (??? Könnten natürlich auch Sinti gewesen sein…). Als deutlich wurde, dass ich Deutscher bin, schickte der Mann die Frau vor: sie sprach erstaunlich gut meine Sprache. Nach ein, zwei Sätzen fragte sie dann: Hast du zehn Ewro bitte? Ich bin Hungger! Ich erklärte mich bereit, ihr etwas zu geben und kramte zwei Euro aus der Tasche. Kurzer Blickaustausch der beiden, dann: Bitte noch! Er auch Hunger! Ich wandte mich ab – zwei Euro fand ich nicht so schlecht, und die gestellte Forderung, sagen wir, unbescheiden.
Nach einigen Schritten versuchten die Beiden, mich mit kurzen, herrischen Rufen und Gesten zum Anhalten und Umkehren zu bewegen. Ähnliches war mir auch schon am Vortag begegnet: Zwei Romafrauen hatten sich hinter mir in die Schlange eingereiht bei der “Audienz” des Pfarrers in der ersten Kirche. Und als ich mich wieder aufgemacht hatte, weiterzusuchen, hatte eine von ihnen hinter mir ein ähnliches Verhalten gezeigt. Mir war dieses Vorgehen doch sehr fremd: Die Freundlichkeit am Anfang, die Anspruchshaltung, und dann das, was danach kam, waren mir so unangenehm, dass ich immer besser verstehe, warum die Einheimischen hier wie in Rumänien die Zigeuner, wie man sie hier unbefangen und ohne deutsche PC ganz selbstverständlich nennt, völlig ignorieren.
Die Wanderung begann an diesem Tag mit einer Trampelpfad- und dann Querfeldein-Einlage. Danach ging es die Landstraße entlang. Mir war aber nicht auf Dauer danach: Ich kürzte erst schön und effektiv an einem kleinen Stauwehr entlang bzw. darüber hinweg ab, und nach der nächsten Straßenstrecke wollte ich es noch einmal wissen: Es war von Anfang an klar, dass es diesmal etwas länger seiun würde, da die Straße mittlerweile das sich verengende Tal entlang führte und außerdem noch die Eisaenbahn und der Fluss ihren Raum beanspruchten.
Anfangs noch auf befestigtem Weg, dann auf Trampelpfaden, zum Teil über den umgepflügten Acker kam ich doch brauchbar vorwärts. Als dann an einer Stelle, an der wohl wild Brennholz geschlagen wurde, die Trampelpfadfe endeten, schwante mir schon ungünstiges. Nach einem weiteren umgepflügten Acker wurde es richtig schwierig: Ich musste durchs Unterholz brechen. Dabei machte ich auch eien sehr wenig ängstlichen Fuchs hoch: nicht nur, dass er mich recht nah an sich heran ließ, bevor er flüchtete: er hielt auch noch einmal für mehrere Sekunden an, bevor er endgültig verschwand.
Als ich wieder an ein Sträßchen kam, gab es dort eine kleine Schutzhütte bei einer Quelle. Dort hielt ich meine Mittagsrast, und als ein Auto hielt und der Fahrer sich daran machte, das Quellwasser in Kanister laufen zu lassen, hatte ich die Gelegenheit, zu fragen, ob das Wasser trinkbar ist. So konnte ich nach der Rast noch meine Wasserflasche wieder füllen. Und weiter: Ich landete gleich in einer Sackgasse, allserdings mit Zugang zum Feld und zum Sträßchen. Dieses endete dann aber nach einem Kilometer in einer Furt durch den Fluss… Darauf hatte ich nun keine Lust. Ich ging noch eine Weile auf dem Acker und dann durchs Unterholz, bis ich mich entscheiden musste, den Hang hinauf erst zur Bahnlinie und dann doch wieder an die Straße zu gehen.
Das Wetter war immer noch strahlend schön, bei leichtem Frost. Gegen halb, dreiviertel Vier kam ich durch ein Dorf mit mindestens zwei Kirchen.Ich hatte noch keine 25 Kilometer in Richtung Kosice absolviert; dennoch beschloss ich: Im nächsten Dorf beginnst du mit der Suche nach einem Nachtlager.
Nun ging es bergauf, zum Teil in engeren Serpentinen. Oben angekommen. war hinter mir die Sonne untergegangen, vor mir lag ein Tal in Nacht und Nebel. Der Weg hinab zog sich sehr viel länger hin, als ich vermutet hatte. Ohne ein einziges Haus, geschweige denn ein Kirchdorf. Gleiches gilt für den folgenden Wiederaufstieg. hier allerdings hab ich einmal die “Einfahrt” ins Dorf verpasst: dort hätte es eine Kirche gegeben.
Nach weiteren 15 kilometern bin ich erst einmal eine gute Viertelstunde falsch gegangen und musste umdrehen. Ein Skilift in der Nähe war durch sein Flutlicht zu erkennen; von einer Kirchew weiter keine Spur. Mir schwante langsam, aber sicher, dass ich vor Kosice nichts finden würde, wo ich übernachten könnte.
Einen sehr freundlichen Zeitgenossen, der mir anbot, mich mit in die Großstadt zu nehmen, habe ich zwar entschieden, aber doch sehr ungern weitergeschickt. Ich hatte noch etwa 14 Kilometer… Bis ganz in die Stadtmitte bin ich an diesem Abend nicht mehr gegangen. Das Sporthotel im Außenbereich hat mich mit dem Geld aus Kezmarok aufgenommen. Das Zimmer kalt (Heizung an, aber Fenster auf – weil die Bude verraucht war), Dusche eine “Trickle-Down-Economy”-Version – aber egal: Ich bin ins Bett gefallen, und nach kurzem Tagebuchschreiben und Meditieren tief und fest eingeschlafen.