Der heutige Tag bot vom Morgen bis in den Abend (na ja: Sonnenuntergang 15:45) Sonne – und Kälte. Ein gutes Wanderwetter. Meine Sehnenentzündung sorgte allerdings dafür, dass ich nicht vergessen habe, dass die Reise auch ein Buß- und Opfergang sein soll.
Ich hatte es morgens nicht eilig und hörte gern den Verwaltungsgeschichten meines Gastgebers zu. Bis ich startete, war es 10:00. Nach etwa einem Km bemerkte ich, dass mein Handy nicht dabei war… Es hing noch am Ladekabel in Schönfelde. Also hieß es erstmal wieder umdrehen; was den Vorteil hatte, dass ich mich dort gleich zivilisiert entleeren konnte… Dann ging es zum zweiten Mal hinaus in den eiskalten Sonnentag. Nun war die wichtigste Devise: langsam, unverkrampft und gleichmäßig gehen. Einen halben Tag ging das ganz gut. Dann musste ich dazu übergehen, auf dem Seitenstreifen zu marschieren (nein, eher: zu schreiten) – auf Gras, Moos und Blättern musste ich zwar laufend die Unebenheiten des Untergrunds ausgleichen, kam aber trotzdem wesentlich besser klar als auf dem Asphalt.
Schnell war ich so aber nicht… An ein Erreichen Frankfurts war sowieso nicht zu denken. Und als die Nacht herein brach, hatte ich kein Quartier. Ich fragte also im nächsten Dorf, ob man mir einen Hinweis geben könne, wo ich als reisemüder Pilger vielleicht willkommen wäre. Man war pessimistisch, verwies mich aber an ein altes Gutshaus. Dort musste ich fünf Klingeln ausprobieren, bis sich jemand meiner annahm. Dann das Übliche: Also bei mir geht’s nicht, wir sind schon viel zu viele. Aber schließlich: im nächsten Ort, vier Km durch den Wald, da gebe es eine Herberge für solche wie mich…
Das war eine Ansage. Ich humpelte also frohen Mutes weiter. Es war wirklich ein einsamer Weg mitten durch den frostigen Wald. Aber sehr schön: der Sichelmond, obgleich schon sehr tief am Himmel stehend, sorgte für ein geradezu romantisches Ambiente – und erhellte durch den leichten Dunst den Weg soweit, dass ich meine verlorene Taschenlampe nicht vermisste. Komischerweise kam mir dann die Strecke durch den Wald deutlich kürzer vor als befürchtet, und im Ort angekommen, musste ich nicht allzu lange suchen.
Die Wirtin ist Patentante von Steffen Bart, hat die Frankfurter Waldorfschule mitbegründet und arbeitet unter anderem als Bestatterin. Und sie war zwei Stunden vor meinem Eintreffen aus Kappadokien zurück gekommen – ich hab sie aus dem Schlaf (oder doch dem Bett) geklingelt.Morgen soll’s erst um 10:00 Frühstück geben. Aber die 17 km nach FF schaffe ich auch ab 10:45 (sag ich mal so…meine letzte derartige Prognose ging allerdings gründlich daneben, sonst wär ich ja schon längst in Frankfurt).
Ach ja, zum Schluss noch dieses: Mit in der Türkei war eine Freundin meiner Gastgeberin, sie saß eben mit am Tisch – und erzählte, dass ihr Bruder auch nach Jerusalem gepilgert ist! Allerdings erst nach Griechenland und von dort weiter mit der Fähre.
Hätte er nicht rudern oder Tretboot fahren müssen?!
Pilgern geht ab und zu auch mit dem Boot.Denk an Paulus, wie er “gewandert” ist. Er war auch auf Schiffen unterwegs und es war nicht ungefährlich. Aber er kam so zu den Zielen, zu denen Gott ihn führen ließ.
Beten mit den Füßen und beten, dass die Fähre ankommt, wo sie ankommen soll….
Und noch eines – der Weg ist das Ziel! Pilgern muß nicht nach Kilometern abgerechnet werden, das Bein will “Zuwendung” durch Pausen, die wichtig sind auf diesem Weg.
Ein gutes Weitergehen-mit Behutsamkeit und Ruhe wünsche ich dir.