Es ist vollbracht: ich bin über die Landesgrenze Berlins “geflohen” und halte mich jetzt in (oder im?) Märkisch Oderland auf. Ich habe mich in einem kleinen Ort nahmens Herzfeld bei Bull und Uecker einquartiert (nein, das ist weder der Zusammenschluss eines Rindermästers mit einem Getreidebauern, noch eine Anwaltskanzlei: das ist das örtliche Pfarrerehepaar, Frau Bull und Herr Uecker). Der Tag heute war durchgängig trübe und feucht, aber mit ganz wenig Regen – Gott sei Dank.
Ich habe die letzten zwei Tage ein heftiges Auf und Ab hinter mir. Die vergebliche Botschafts-Rennerei von der Mitte in den äußersten Westen Berlins und wieder zurück und wieder hin und wieder… – dutzende von Kilometern – hat doch sehr an meinen Nerven gezerrt. Und die Tatsache, dass ich mit meinen Versuchen, irgendwie an ein Visum für Syrien oder wenigstens Jordanien zu kommen bzw. die Voraussetzungen dafür zu schaffen, kläglich gescheitert bin, und dass ich mich langsam aber sicher mit dem Gedanken anfreunden muss, dass es für mich unmöglich sein wird, Jerusalem zu Fuß zu erreichen, hat mich schließlich in eine stark depressive Stimmung versetzt. Ich war plötzlich der Überzeugung, ich hätte niemals auch nur irgend jemandem von meinem Vorhaben erzählen dürfen! Die Angst, mich auf geradezu groteske Weise lächerlich zu machen, mir selbst und meiner Umgebung einmal mehr zu beweisen, dass ich nichts, aber auch wirklich gar nichts hinbekomme, war zeitweise eine überwältigende. Dazu kamen Erlebnisse wie das Abgewiesen werden, wenn ich in Geschäften nach etwas zu essen fragte (damit hatte ich schon in den nördlichen Außenbezirken begonnen – sowohl mit dem Fragen als auch dem abgewiesen Werden…) oder mein erstes Scheitern bei dem Versuch, in kirchlichen Gemäuern Obdach zu finden.
Nun, ich habe mich wieder einigermaßen gefangen. Es gab nämlich auch Lichtblicke: Der Pfarrer, der mich wegschickte, tat das nicht einfach so, sondern gab mir eine Fahrkarte und 20€ für ein Backpacker-Hostel mit (was dann für dieses Geld schwer zu finden war: bis ich mich bei SleepCheep ins Bett legen konnte, zeikte die Uhr 0:50 an). Die Moscheen, in denen ich fragen wollte (ich dachte mir: Moslems müssten doch ein Herz für Pilger haben!), ließen alle das Abendgebet ausfallen. Dafür hat mir der Dönerladen-Besitzer, dem ich meine Geschichte erzählt habe, einen Tee und ein Köfte-Börek geschenkt. Und als ich – meinem Schwur, in keinem Laden mehr nach kulinarischer Unterstützung zu fragen, untreu werdend – im Bioladen um die Überlassung nicht mehr gut verkäuflichen Essens bat, hörte ich zu meiner Verblüffung und zum allerersten mal auf dieser Reise von der netten jungen Verkäuferin ein “Ja, natürlich!” – und wurde reich beschenkt. Die Suche nach einem Nachtquartier dauerte allerdings noch einige Stunden an.
Aber es gehört ja mit zu meiner Reise, dass ich auch und gerade dann bei meinem Vorhaben bleibe, wenn sich Widerstände zeigen und die Lage schwierig wird. Wahrscheinlich sind solche Erlebnisse, wie ich sie in diesen beiden Tagen in Berlin hatte (und die ja nur ein Vorgeschmack sein dürften auf das, was noch kommen wird) sogar der wichtigste Gewinn, den ich aus der Reise ziehen kann: auch hierbei kann ich zwar zweifeln, zögern, vielleicht sogar ein Stück weit den Mut verlieren (wie im “richtigen” Leben!) – aber ich muss doch: weiterlaufen… (Parallelen zum Segelfliegen drängen sich auf). Ich habe nicht nur nach wie vor die Hoffnung, dass ich am Ende meiner Fahrt, egal wie lange sie dauern wird, ein Mensch sein werde, der in Bezug auf Demut vor Gott und auch Demut vor den Mitmenschen dazu gelernt haben wird – ich habe ganz konkret den Eindruck, dass dieser Prozess schon begonnen hat.
Zur weiteren Planung: Das Ziel, Auschwitz zu Wintersonnenwende zu erreichen, ist ambitioniert, wenn man den Zustand meiner linken Fußgelenk-Beugersehnen berücksichtigt, aber wohl noch zu schaffen. Meine Beine sind gut, meine Achillessehne macht inzwischen auch wieder anstandslos mit; was mir dafür Sorgen bereitet, ist mein linkes Schienbein beziehungsweise der Übergang zwischen Schienbein und Fuß (also gewissermaßen das “vorderseitige Gegenstück” der Achillessehne, wenn man so will). Das tut mir weh und ist angeschwollen – und ich hab keine Ahnung, wieso (Rüdiger Dahlke-Freunde aufgepasst: bestimmt findet ihr ganz genau heraus, was dahinter steckt!) Übermorgen werde ich wohl Frankfurt Oder erreichen. Ob ich die Grenze noch überqueren werde, oder ob das erst am Sonntag stattfinden wird, ist noch offen. Ein bisschen Sorgen bereitet mir, dass ich noch nicht weiß, wie ich das mit dem Internet machen werde. Möglicherweise werde ich das am Samstag noch in Frankfurt in Erfahrung und in Ordnung bringen (ich werde eine andere Simkarte benötigen. Wenn von der geneigten Leserschaft mir jemand einen Tipp geben kann, welche das sein kann – oder wenigstens, ob es besser ist, hier eine zu kaufen oder in Polen (falls Letzteres überhaupt geht…): bitte sehr!). Vielleicht werde ich aber auch ganz ohne Internet unterwegs sein können. Das Navigieren über Google Maps ist zwar bequem, lenkt aber doch ein Stück weit davon ab, die Landschaft kennenzulernen und sich auf das Pilgern zu konzentrieren. Außerordentlich lästig ist, dass mein Handy jetzt wieder verlangt, dass Google aktiv ist, wenn die Spracherkennung laufen soll. Eigentlich waren wir zu Hause ja schon mal weiter gewesen! Vielleicht war die Installation dieses “Google Balkens” auf dem Startbildschirm das entscheidende Problem?!? Sprachnotitzen, die sofort in Schrift umgewandelt werden, kann ich jetzt unterwegs also nicht machen. Oder nur, wenn ich ohne Rücksicht auf Online-Datenverbrauch ins Handy spreche. Ich muss mal ausprobieren, wie es ist, wenn ich den Text einfach als Audio aufnehme. Schluss Anmerkung: für sämtliche Fehler, vor allem natürlich auch die sprachlichen und stilistischen (von den inhaltlichen Unzulänglichkeiten nicht zu reden!) ist selbstverständlich die Google Spracherkennungs-Software zuständig und verantwortlich!
ich versuche mit Reiki oder wie immer es bezeichnet werden soll,die Schwellung am linken Fuß zu lindern und dein Weitergehen zu ermöglichen.